[Rezension] Jennifer Benkau- Es war einmal Aleppo

Amrun Verlag
502 Seiten 
ISBN-978-3958692770


Klappentext: 

Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Antonia kommt mit ihrer Familie aus dem Urlaub, und plötzlich leben mehrere hundert Flüchtlinge nebenan.
Klar - irgendwo müssen sie unterkommen. Aber ausgerechnet hier?
Doch dann trifft Toni auf Shirvan. Und mit jeder skeptischen Frage, die sie ihm stellt, wird die Sache verzwickter.


Meine Meinung: 

Flüchtlinge sind Sozialschmarotzer
Flüchtlinge sind Terroristen
Flüchtlinge dürfen nichts besitzen, sonst sind sie nicht bedürftig
Flüchtlinge werden Ärger machen
Flüchtlinge passen nicht in unsere hiesige Kultur

Dieses Buch lässt keine Stammtischparole unbeantwortet. Wi schlüpfen in die Rolle von Antonia, einer typisch deutschen Jugendlichen, die ein behütetes Leben führt. Und eines Tages kommt Antonia nach Hause und wird vor vollendete Tatsachen gestellt- gleich gegenüber ist eine Unterkunft für Flüchtlinge. 
Diese Situation ist etwas, was einigen tatsächlich bekannt vorkommen dürfte- in der Tat mussten im letzten Jahr von heute auf morgen Notunterkünfte bereit gestellt werden, die wie PIlze aus dem Boden schossen. Soweit kein Problem- nur vertraten manche die Ansicht: Gerne, aber nicht vor meiner Tür. In diesem Jugendbuch geschieht genau das, und noch schlimmer: Antonia kann nicht die Augen davor verschließen und sich in die sehr kritische Meinung ihrer Familie hüllen. Nein, ihre beste Freundin nimmt sie mit ins Camp und dort hat das Mädchen dann die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen.
Die Autorin schreibt tatsächlich sehr differenziert, denn es gibt durchaus Klärungsbedarf oder kulturelle Unterschiede, Konflikte oder Schwierigkeiten. Doch vermag sie es, hinter diese Dinge zu blicken, die im Endeffekt eigentlich eher Symptome eines größeren Problems dahinter sind. Ich mochte es sehr, dass sie kein Blatt vor den Mund nahm und gnadenlos sämtliche Klischees und Parolen ans Tageslicht zerrte, um sie dort hemmungslos zu zerpflücken. Ihr gelingt das so vollendet und kompromisslos, dass man sich am Ende fragt: Wie konnte ich diesen dummen Aussagen nur so vorbehaltlos glauben oder sie überhaupt nur in Erwägung ziehen? 
Gekleidet wird das ganze in eine Bekanntschaft zwischen Antonia und einem jungen Flüchtling, Shirvan. Ich fand es sehr klug einen solchen Protagonisten einzuführen, denn seine Erzählungen machen die Hintergründe der Flucht und des Krieges weniger abstrakt. Das Ganze bleibt sonst- seien wir ehrlich- recht nebulös durch die wenigen Informationen, die man hierzulande von den Zuständen bekommt. 
Ein rundum gelungener Jugendroman, der sich auch für alle anderen Altersklassen eignet und vor allem auch für alle, die sich noch nicht so ganz sicher sind, was sie von der aktuellen Situation in Deutschland halten sollen. Und der gerade heute wirklich wichtig ist; ein Roman, der etwas zu sagen hat. Wegen mir könnte und sollte er gerne Schullektüre werden. 


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